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Betrug und Fälschung beweiserheblicher Daten bei fehlerhafter Abrechnung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung

Vertragsärzte sind verpflichtet die gesetzlichen Vorgaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) einzuhalten und danach abzurechnen. Fehlerhafte Abrechnungen, insbesondere das Einreichen unvollständiger oder falscher Dokumentationen, können schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Neu-Ulm (Az. 2 Ls 106 Js 10145/22) zeigt, dass fehlerhafte Abrechnungen zu einer Strafbarkeit des Vertragsarztes wegen Betrugs (§ 263 StGB) und Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) führen können.

Der Fall: Fehlerhafte Abrechnung und nachträgliche Manipulation von Dokumentationen
Im vorliegenden Fall erstattete die KVB Strafanzeige gegen einen Facharzt für Allgemeinmedizin aufgrund fehlerhafter Abrechnungen. Der Vertragsarzt hatte die Gebührenordnungsposition (GOP) 35100 abgerechnet und legte der KVB unzureichende Dokumentation vor. Nachträglich manipulierte und ergänzte er die bereits eingereichten Dokumentationen. Insbesondere fehlte der schriftliche Nachweis der differentialdiagnostischen Klärung, welches für die Abrechnung der psychologischen Ziffern essenziel ist. Der Arzt hatte zwar behauptet, korrekt abgerechnet zu haben, unterließ es jedoch, die erforderlichen Dokumentationen zu erstellen und reichte teilweise erfundene Anamneseprotokolle und Behandlungsnotizen nach.

Exkurs: Anforderung an die Dokumentation der GOP 35100 EBM
Die GOP 35100 im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) betrifft die differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände. Sie erfordert eine Mindestdauer von 15 Minuten sowie eine schriftliche Dokumentation der ätiologischen Zusammenhänge zwischen psychischen und somatischen Beschwerden. Nur mit dieser vollständigen Dokumentation ist eine korrekte Abrechnung der Ziffer möglich.

Das Urteil: Strafbarkeit wegen Betrugs und Fälschung beweiserheblicher Daten
Das Amtsgericht Neu-Ulm verurteilte den Arzt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Die nachträglich eingefügten, erfundenen Anamneseprotokolle und Behandlungsdokumentationen dienten der Täuschung, um die Abrechnung der GOP 35100 EBM zu ermöglichen (Betrug, § 263 StGB). Da diese gefälschten Dokumentationen als „beweiserhebliche Daten“ eingereicht wurden, erfüllte der Arzt zudem den Straftatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß § 269 Absatz 1 StGB.
Fazit aus dem Urteil: Bedeutung korrekter Dokumentation
Dieses Urteil unterstreicht die zentrale Bedeutung einer korrekten und vollständigen Dokumentation bei der Abrechnung gegenüber der KVB. Fehlerhafte oder unvollständige Dokumentationen sowie falsche Angaben können nicht nur zu finanziellen Rückforderungen, sondern auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Vertragsärzte sollten daher sicherstellen, dass alle erforderlichen Dokumentationen vollständig und korrekt vorliegen, bevor Leistungen abgerechnet werden. Eine unrichtige Versicherung der Richtigkeit der Abrechnung stellt eine strafrechtlich relevante Handlung dar.

Empfehlungen für Vertragsärzte

  • Prüfen Sie Ihre Dokumentationen regelmäßig auf Vollständigkeit und Richtigkeit.
  • Stellen Sie sicher, dass alle medizinischen Nachweise den Abrechnungsanforderungen der KVB entsprechen.

Eine sorgfältige Dokumentation ist nicht nur Voraussetzung für die ordnungsgemäße Abrechnung, sondern schützt auch vor strafrechtlichen und finanziellen Konsequenzen.